— Idee aus Dänemark

Hvide Sande: Heizkosten um 50 % gesenkt.

— Foto

Lennart Willenborg –

Strand in Hvide Sande, Dänemark

Unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit investiert Dänemark seit langem in Fernwärmenetze. Auch in den kleinen Kommunen wurde das Wärmenetz ausgebaut. Damit waren die Weichen gestellt für die preiswerte Nutzung von erneuerbaren Energien. Einen ganz besonderen Erfolg verzeichnet hier Hvide Sande. Diese kleine Stadt mit ca. 3.000 Einwohnern am Ringköbing Fjord kann sich seit Mai 2022 über drastisch reduzierte Heizkosten freuen, und das fast völlig CO2- und fossilfrei. Das Geheimnis der günstigen und grünen Wärmewende: Ein Fernwärmenetz, ein Solarthermiefeld, zwei große Wärmespeicher, drei Windkraftanlagen und eine große Wärmepumpe.

Über 3000 Menschen profitieren von 50 % geringeren Heizkosten – ohne CO2 und fossile Brennstoffe.

Über 3000 Menschen profitieren von 50 % geringeren Heizkosten – ohne CO2 und fossile Brennstoffe.

Die “Hvide Sande Fjernvarme A.m.b.A.“ betreibt das Fernwärmenetz der Stadt und ist eine Genossenschaft im Besitz der Verbraucher und Bürger von Hvide Sande. Das mit Gas und Strom beheizte Fernwärmenetz wurde seit 2014 schrittweise fast komplett auf lokale erneuerbare Energien umgestellt.


Ausgangspunkt dafür war der Hvide Sande Nordhavn Windpark mit drei Vestas V112/3 MW Anlagen, der 2012 von einer regionalen Betreibergesellschaft errichtet wurde. Der 9 MW Windpark steht direkt am Strand, und das, obwohl Hvide Sande ein berühmter Touristenort ist. Die Menschen gehen trotzdem baden, der Tourismus boomt. Der Windpark lieferte ab 2012 den meisten Strom für die Heizkessel der Fernwärme-Anlage.


Seit 2014 wird ein Teil der Wärme (10 %) von einem 9.572 m2 grossen Solarthermie-Feld erzeugt. Gespeichert wird die Wärme in einem ca. 2.000m3 Wasserspeicher. 2018 wurden die drei Vestas 3 MW Anlagen übernommen. Zusätzlich wurde ein neues Kesselhaus gebaut.

2019 wurde der Elektrokessel in der neuen Kesselhalle auf 10 MW vergrössert.


2020 wurde eine große 4,65 MW Luft/Wasser Wärmepumpe in Betrieb genommen. Neben dem neuen Kesselhaus wurde ein weiterer grosser Warmwasser-Speicher gebaut.

Der Elektrokessel und die Wärmepumpe werden fast vollständig von den Windkraftanlagen mit Strom versorgt, und ein satter Stromüberschuss kann auch noch ins Netz gespeist werden, denn die Wärmepumpe ist viel effektiver als der Heizkessel. 2020 konnten 92,4% der Wärme mit grünem Strom erzeugt werden, obwohl die Wärmepumpe erst in diesem Jahr in Betrieb ging. Im Vergleich zu 2014 werden heute etwa 17.500 MWh/Jahr Strom eingespart, die Wärmepump plus der Solarthermieanlage stellen durchgehend über 90% der Wärmeleistung, durch den Elektro-Heizkessel und ein altes Gaskraftwerk werden weniger als 10% gestellt.


Das unglaublich Schöne und Elegante an diesen ganzen Massnahmen ist die technische Leichtigkeit, mit der hier lokal die Energie erzeugt und gespeichert wird. Das ist alles erprobte und verlässliche Technik.


Heizkosten um 50% reduziert


Am 24.05.2022 informierte die Hvide Sande Fjernvarme ihre Kunden (und Genossen), dass die Preise für 2022 rückwirkend zum Jahresanfang um 50% reduziert werden. Die Preise waren vorher schon sehr günstig, die Preisreduktion wird durch den Verkauf des überschüssigen Windstroms möglich. Ein Standardhaus in Hvide Sande mit 130 m2 und 18.100 kWh Wärmebedarf hat jetzt nur noch 574 € pro Jahr Heizkosten. Das sind grade mal 3,2 ct/kWh.


Ein Niedrigenergiehaus bekommt nochmal einen Rabatt von 50% auf den Grundpreis. Der Verbrauchspreis liegt dann bei nur 1,34 ct/kWh. Wie uns diese kleine Stadt zeigt, ist es recht leicht möglich, die Heizkosten dauerhaft niedrig zu halten. Dänemark hatte nie Atomkraft!

Trotzdem ist Hvide Sande auch in Dänemark noch eine Ausnahme. Fernwärmeanlagen unterliegen mehreren rechtlichen Beschränkungen, die unter Anderem eine Direktversorgung mit Strom aus eigenen Windkraftanla- gen stark behindern. Aber die dänische Regierung arbeitet bereits an der Abschaffung dieser Einschränkungen. Seit dem 04.08.2022 werden Machbarkeitsstudien und die Investitionen in den CO2-freien Umbau der Wärmenetze stark gefördert.


Ausblick für Kommunen und Stadtwerke


Aus Sicht des Autors haben die Stadtwerke und Kommunen den Schlüssel zu einer lokalen Wärmewende in der Hand:


• Infrastruktur wie Umspannwerke, Kabel, Versorgungsleitungen

• Bestehende Kraftwerke

• Konzessionsrechte

• Fachpersonal

• Leichter Zugang zu benötigten Krediten für den Ausbau


Was bisher fehlte, war die Motivation und Überzeugung.


Es war in den letzten Jahren leicht, an der Strom- und Gasbörse billig einzukaufen und zu vertretbaren Preisen weiter zu verkaufen. Die Preise waren so günstig, dass es für den Endkunden so grade eben noch nicht rentabel war, sein Eigenheim oder das Mietshaus mit erneuerbaren Energien selbst zu versorgen.


Auch ist es mühsam und teuer jedes Haus einzeln mit einem Energie-Speicher zu versehen. Abgesehen davon kann nicht jeder Bürger ein Energieexperte sein, der sich um die Grundversorgung in seinem Haus kümmern kann. An obigem Beispiel wird klar, das die Kosten deutlich in den Keller gehen, wenn die Energie lokal für eine größere Zahl Bürger gemeinsam erzeugt wird. Verluste und Gebühren für den weiten Transport den Energie entfallen nahezu!


Photos : Hvide Sande Fjernvarme A.m.b.A., www.hsfv.dk. Jens Altemark.


Ein Bericht von

Dipl. Ing. Jens Altemark, Sachverständiger und Gutachter

Zum Netzetrockenplatz 21, 24837 Schleswig

Tel: +49 (0) 4621 427 6207

Email : ja@wind-ing.de, www.wind-ing.de

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